Hallo ihr Lieben,
ich wollte mich schon länger melden, denn Lina ist nun schon über ein Jahr bei uns und seitdem ist viel passiert. Vielleicht könnt ihr uns einen Rat geben oder mit euren Erfahrungen etwas Mut machen?
Also... seit April '21 wohnt Lina bei unserer Familie und sie gehört zu uns - das vorweg.
Aaaber... ab ca. 2 Wochen nach ihrer Ankunft hat sich das Zusammenleben mit ihr verändert. Dann begann sie anzukommen und, wie die Hundetrainer so gerne sagen, "ihre Koffer auszupacken".
Im Haus und allgemein im Umgang mit Menschen ist sie super. Sie ist unaufdringlich, angenehm. Besuch wird freundlich empfangen. Sie passte sich schnell uns und unserem Rhythmus an. Unsere Kinder lieben sie sehr und Lina ist zu ihnen freundlich.
Draußen hat sie aber eine andere Persönlichkeit:
Bei Sichtung von anderen Hunden schreit sie, geht voll in die Leine und ist völlig in einem Tunnel. Sowas habe ich noch nie erlebt. Es ist egal, wie weit ein Hund entfernt ist: Lina flippt völlig aus und ist sofort nicht mehr ansprechbar.
Seit über einem Jahre fahre ich deshalb mehrmals täglich mit dem Auto auf einsame Feldwege. Ich kann mit ihr hier nicht mehr vor die Tür, denn in unserer Gegend gibt es eben viele Hunde.

Ich habe es irgendwann selbst nicht mehr ertragen, mit ihr hier spazieren zu gehen.

Im August waren wir mit ihr in Dänemark - Spaziergänge am Strand und was man sich so vorstellt waren nicht möglich. Es war kein schöner Urlaub.
Wir haben uns schnell Hilfe holen wollen und wurden bei mehreren Trainern vorstellig. Bis letzten Monat waren wir dann fast ein Jahr in einer Hundeschule mit wöchentlichem Gruppentraining, Einzeltrainings, Social Walks... wir haben so viel probiert!
Ich weiß jetzt, dass Lina ein sehr selbstbewusster, selbstbestimmter Hund ist. Sie erträgt es nicht, wenn andere Hunde sich bewegen, wenn sie laufen, spielen, einfach da sind! Sie ist nicht aggressiv (kein Beißen), aber sie will erziehen, zurechtweisen und möchte aber auch deren Gesellschaft nicht. Sie will anderen Hunden gar nicht erst begegnen, denn schon bei deren Anblick steigt ihre Aufregung ins Unermessliche. (Nicht mehr ansprechbar und schreit/bellt/geht nach vorne.) Die Trainer sagen, dass sie Energie (Bewegung oder wenn Hunde spielen) nicht aushalten kann. Es ist auch keine Angst bei ihr. Sie ist dabei selbstbewusst.
Lina ist nicht leicht zu beeindrucken. Klar, nach 3-4 Jahren als Straßenhund kommt sie gut alleine klar. Futter interessiert sie allgemein nicht so sehr (leider) und dadurch ist das Training mit ihr kein Selbstläufer.
Die letzte Hundeschule habe ich nun (nachdem wir immerhin 11 Monate da waren) verlassen, weil jetzt der Ton der Trainer ihr gegenüber immer rauer wurde. Ich habe das Training abgebrochen, als Schnauzengriff, Flasche werfen und andere Dinge eingesetzt werden sollten. Das kann ich nicht! Noch immer schaffen wir es nicht, an Hunden vorbeizugehen (selbst in großer Entfernung nicht).
Zum "Abschied" wurde mir dann geraten, sie abzugeben: Am besten zu jemanden, der einsam wohnt, wo man niemals auf andere Hunde trifft.
Ich habe so viel mit ihr geübt. Sie lernt natürlich langsamer und auch ich habe mich verändert, denn diese Ausrastet von ihr haben es geschafft, dass ich Hundebegegnungen am liebsten meiden möchte. Aber ich reiße mich am Riemen und wir üben - tasten uns von der Entfernung heran mit Click für Blick, eindeutigen Signalen meinerseits, Ruhe bewahren, Atmen, selbstbewusst sein. Aber... puh... sie nimmt es nicht an. Selbst nach so langer Zeit nicht.
Ich wollte ihr die Welt zeigen (wie es im Hundeherzen-Text beschrieben war), aber es geht (noch?) nicht.
Gibt es unter euch jemanden, der einen Hund von ähnlicher Persönlichkeit hat? Was hat euch geholfen? Wurdet ihr draußen noch ein Team? Und wie habt ihr das geschafft? Oder gibt es wirklich Hunde, die man einfach nicht für den Alltag trainieren kann? Die niemals wieder andere Hunde sehen möchten?
Ich muss sagen, es ist nicht leicht, den Alltag mit ihr (immer wieder mit dem Auto rausfahren) und dann den beiden jüngeren Kindern zu managen. Teilweise hatte ich noch 2-3 Hundetraining-Termin in der Woche. Es flossen hier schon viele Tränen.
Wir starten jetzt einen Kurs "Hundebegegnungen meistern" bei einer neuen Trainerin. Diese hat viel Erfahrung mit Tierschutzhunden und die erste Einzelstunde war nett. Trotzdem wird das sehr viel Zeit brauchen - sagte sie auch.
Und dann schwingt da immer dieser Spruch der alten Trainerin mit...
Mein Text ist etwas durcheinander und sehr lang, entschuldigt.
Ich wünsche euch allen einen guten Start in die Woche.
Liebe Grüße
Jana